Donnerstag, 18. Juni 2015

Das Umfeld

Das Umfeld bei einer Erkrankung wie die Gastroschisis, ist wichtig für die betroffenen Eltern. Gut wenn man ein stabiles und liebevolles Umfeld hat. Schlecht wenn nicht.

Wir hatten eine Mischung aus beidem. Es ist für Ausstehende bestimmt schwierig...Spreche ich die Eltern direkt drauf an? Tu ich so als wüsste ich es nicht? Oder sag ich am besten gar nichts? 
Ich kann schon verstehen, dass solche Gedanken auch bei uns und unserem Umfeld vorkamen. Entweder tritt man voll ins Fettnäpfchen oder eben nicht. Die Chancen stehen 50:50

Wir wurden nicht angesprochen, wir haben uns irgendwann einfach aufgedrängt und ungestellte Fragen beantwortet. Vielleicht nicht die feine englische Art aber wir sind irgendwann einfach geplatzt. Wir konnten uns ja nur untereinander austauschen und man fängt an, Rücksicht zu nehmen um den Partner nicht zu verängstigen oder zu stressen. Und irgendwann haben wir dann eben nicht mehr miteinander geredet. Es tat mir weh, zu sehen das wir nicht in der Lage waren offen und ehrlich zu sein. Beiderseits. 

Aber mindestens genauso schlimm fand ich die Zurückhaltung von guten Bekannten und/oder der Familie mütterlicherseits. Mir war es nicht vergönnt ein Babyzimmer einzichten. Das liest sich jetzt vielleicht total banal, aber das war es in dem Moment für mich nicht. Ich wollte nicht ständig daran denken, das wir eben nicht diese Art von Eltern sein werden, die nach 5 Tagen Krankenhausaufenthalt mit Kind zurückkehren. Wir wussten ja überhaupt nicht WANN und in welchem Zustand wir unser Kind nach Hause brachten. Und zwischen diesem ganzen Theater von Krankenhaus und Frauenarzt wollte ich für mich ein klitzekleines Stück Normalität. Ich war schon so frustriert, das ich weder Babysachen shoppen konnte, noch irgendwelche schönen Babypartys feiern konnte. Ich wollte doch einfach wie eine ganz normale Schwangere sein. Aber ich wurde überall entweder abgewürgt oder mit makaberen Sprüchen kleingehalten.

"Ja, es könnte ja noch etwas passieren. Er könnte ja noch sterben. Wir wollen zwar am besten nicht darüber nachdenken, aber immer schön im Hinterkopf behalten." Bullshit, nicht darüber nachdenken, aber dann doch immer schön im Hinterkopf haben das etwas passieren könnte. Das könnte auch jederzeit bei einer normalen Schwangerschaft passieren, was ein furchtbarer Schicksalschlag ist, keine Frage. Aber heutzutage passiert sowas leider auch nicht allzu selten. 

Ich fing an mich immer mehr zurück zu ziehen und meinen eigenen Gedanken hinterher zu jagen. Ich wurde pampig, zickig und schlecht gelaunt und wollte "es einfach nur noch hinter mich bringen". Richtiges, bewusstes Schwangersein wurde mir nicht vergönnt. Und ich glaube auch, das ich immer das Gefühl hatte, ich dürfte das nicht. Ich hatte das Gefühl, ich würde einfach kein Recht dazu haben, mich zu freuen, oder liebevoll über meinen Bauch zu streicheln. Denn von allen Seiten kam ja immer wieder..."Hm, er könnte ja noch sterben." Ich kann gar nicht ausdrücken wie sehr mich das genervt hat und auch immer noch nervt. 

Ich hätte mir ein liebevolles Umfeld gewünscht, was mich in den Arm nimmt und für mich stark ist, weil ich es damals einfach nicht war. Ich war ein jämmerliches Elend, zusammengerollt auf der Couch. 

Deswegen...Sollten Sie als Mutter ein Kind mit einer Gastroschisis austragen...Vergessen Sie solche Sprüche und meine Güte, gehen Sie in den nächsten Babyladen und holen Sie sich, auch wenn vielleicht nur symbolisch einen kleinen Babystrampler. Bauen Sie das Kinderzimmer auf, richten Sie es ein und dekorieren Sie es schön. Lassen Sie sich von niemandem den Mut nehmen, sich auf etwas zu freuen, dessen Ausgang noch ungewiss ist. 

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