Freitag, 19. Juni 2015

Versagen...??!

Ich habe noch eine kleine Tochter die im August 3 Jahre alt wird. Wie bei jeder Familie haben auch wir uns gefragt, wie sie ihr neues Geschwisterchen denn so annehmen wird. Wir hatten furchtbare Bedenken was die Zeit betrifft, in der ihr Bruder im Krankenhaus liegen wird und Mama & Papa bei ihm sind. Ohne sie. Denn auf die Intensivstation dürfen mit höchster Ausnahme nur die Großeltern hin, einmal die Woche für knapp 10 Minuten. Da wir über 50km von der Klinik entfernt wohnen, war es auch nicht möglich mal "eben" zu unserer Tochter zu fahren. Morgens mussten wir sie bei den Großeltern absetzen, was sie ziemlich belastet hat. Sie hat das gar nicht gut angenommen und irgendwann war es leider soweit, das wir sie sogar ins Haus tragen mussten, so hat sie sich gewehrt. 

Für mich als Mutter war es ein herzzereißender Anblick, meine Tochter um sich schlagend im Rückspiegel zu betrachten, ihr Weinen hat man durch geschlossene Autoscheiben gehört. Nur was hätte ich für sie tun können? Ich hatte ihr und auch ihrem Bruder gegenüber eine Pflicht, die mich tagtäglich zum Verzweifeln brachte. Dieses ständige hin und her - mal wurde ihr Bruder entlassen und zwei Tage später mussten wir so schnell wie möglich zurück ins Krankenhaus. Das hat auch meine Tochter seelisch sehr zugesetzt. Irgendwann waren ihre Verlustängste so groß, das sie sogar anfing zu weinen, wenn ihre Jalousie nicht so tief war wie immer. Oder Kakao nicht so schmeckte wie sonst. An jeder kleinsten Normalität hatte sie sich festgeklammert und ich als Mutter wusste einfach nicht was wir tun können. In der Zeit war auch die KiTa-Eingewöhnung, die wir aber aufgrund ihrer Ängste nicht durchziehen konnten. Als der Kleine dann mal für 2 Monate am Stück zu Hause war, holten wir auf was sie verpasst hatte. Schwimmen gehen, basteln, im Schlamm spielen, Steine sammeln und kuscheln. Dann klappte es auch mit der KiTa-Eingewöhnung was uns die darauf folgende Krankenhausaufenthalte erheblich erleichterte. 

Doch auch heute gibt es immer wieder Situationen, in der unsere Tochter zurück stecken muss. Leider. Es ist natürlich schon viel einfacher geworden, seit der Kleine keinen Stoma mehr hat. Aber auch wir sind nur eine normale Familie mit einem 6 monate alten Kind und einer fast 3 Jährigen kleinen Tochter. 

Oft fragt man sich dann, ob man etwas verbessern muss. Ob es irgendwas gibt, das man optimieren kann. Gerade als zweifach Mutter ist es nicht möglich beiden Kindern gleichzeitig gerecht zu werden und ich fühle mich nicht so alt wie ich tatsächlich bin. Sondern viel, viel älter. Mein Partner arbeitet fast pausenlos, tagsüber wie nachts und so sitze ich hier oft, übermüdet und k.o mit zwei energiegeladenen Kindern. 


Donnerstag, 18. Juni 2015

Das Umfeld

Das Umfeld bei einer Erkrankung wie die Gastroschisis, ist wichtig für die betroffenen Eltern. Gut wenn man ein stabiles und liebevolles Umfeld hat. Schlecht wenn nicht.

Wir hatten eine Mischung aus beidem. Es ist für Ausstehende bestimmt schwierig...Spreche ich die Eltern direkt drauf an? Tu ich so als wüsste ich es nicht? Oder sag ich am besten gar nichts? 
Ich kann schon verstehen, dass solche Gedanken auch bei uns und unserem Umfeld vorkamen. Entweder tritt man voll ins Fettnäpfchen oder eben nicht. Die Chancen stehen 50:50

Wir wurden nicht angesprochen, wir haben uns irgendwann einfach aufgedrängt und ungestellte Fragen beantwortet. Vielleicht nicht die feine englische Art aber wir sind irgendwann einfach geplatzt. Wir konnten uns ja nur untereinander austauschen und man fängt an, Rücksicht zu nehmen um den Partner nicht zu verängstigen oder zu stressen. Und irgendwann haben wir dann eben nicht mehr miteinander geredet. Es tat mir weh, zu sehen das wir nicht in der Lage waren offen und ehrlich zu sein. Beiderseits. 

Aber mindestens genauso schlimm fand ich die Zurückhaltung von guten Bekannten und/oder der Familie mütterlicherseits. Mir war es nicht vergönnt ein Babyzimmer einzichten. Das liest sich jetzt vielleicht total banal, aber das war es in dem Moment für mich nicht. Ich wollte nicht ständig daran denken, das wir eben nicht diese Art von Eltern sein werden, die nach 5 Tagen Krankenhausaufenthalt mit Kind zurückkehren. Wir wussten ja überhaupt nicht WANN und in welchem Zustand wir unser Kind nach Hause brachten. Und zwischen diesem ganzen Theater von Krankenhaus und Frauenarzt wollte ich für mich ein klitzekleines Stück Normalität. Ich war schon so frustriert, das ich weder Babysachen shoppen konnte, noch irgendwelche schönen Babypartys feiern konnte. Ich wollte doch einfach wie eine ganz normale Schwangere sein. Aber ich wurde überall entweder abgewürgt oder mit makaberen Sprüchen kleingehalten.

"Ja, es könnte ja noch etwas passieren. Er könnte ja noch sterben. Wir wollen zwar am besten nicht darüber nachdenken, aber immer schön im Hinterkopf behalten." Bullshit, nicht darüber nachdenken, aber dann doch immer schön im Hinterkopf haben das etwas passieren könnte. Das könnte auch jederzeit bei einer normalen Schwangerschaft passieren, was ein furchtbarer Schicksalschlag ist, keine Frage. Aber heutzutage passiert sowas leider auch nicht allzu selten. 

Ich fing an mich immer mehr zurück zu ziehen und meinen eigenen Gedanken hinterher zu jagen. Ich wurde pampig, zickig und schlecht gelaunt und wollte "es einfach nur noch hinter mich bringen". Richtiges, bewusstes Schwangersein wurde mir nicht vergönnt. Und ich glaube auch, das ich immer das Gefühl hatte, ich dürfte das nicht. Ich hatte das Gefühl, ich würde einfach kein Recht dazu haben, mich zu freuen, oder liebevoll über meinen Bauch zu streicheln. Denn von allen Seiten kam ja immer wieder..."Hm, er könnte ja noch sterben." Ich kann gar nicht ausdrücken wie sehr mich das genervt hat und auch immer noch nervt. 

Ich hätte mir ein liebevolles Umfeld gewünscht, was mich in den Arm nimmt und für mich stark ist, weil ich es damals einfach nicht war. Ich war ein jämmerliches Elend, zusammengerollt auf der Couch. 

Deswegen...Sollten Sie als Mutter ein Kind mit einer Gastroschisis austragen...Vergessen Sie solche Sprüche und meine Güte, gehen Sie in den nächsten Babyladen und holen Sie sich, auch wenn vielleicht nur symbolisch einen kleinen Babystrampler. Bauen Sie das Kinderzimmer auf, richten Sie es ein und dekorieren Sie es schön. Lassen Sie sich von niemandem den Mut nehmen, sich auf etwas zu freuen, dessen Ausgang noch ungewiss ist. 

Montag, 15. Juni 2015

Ein halbes Jahr

Der Kleine ist heute auf den Tag genau ein halbes Jahr alt. Es war ein Montag, der 15.12, morgens um 08:00 Uhr als ich in den OP gelaufen bin. Und um 08:48Uhr war er dann auf der Welt. Ich möchte gar nicht genau auf den Kaiserschnitt eingehen, jeder hat sein eigenes Empfinden von gut und schlecht. Lieber möchte ich heute mal das Thema "Selbsthilfegruppen" beleuchten.

In der Schwangerschaft fand ich genau eine deutsche Facebookgruppe, die sich mit dem Thema Gastroschisis befasst. Dort findet man Eltern von betroffenen Kindern sowie betroffene Jugendliche / Erwachsene. Es war schön zu sehen, wie es den anderen Gastroschisis-Kindern so geht. Man erfährt etwas über den ungefähren Verlauf, man kann sich mal ausheulen oder auch Ernährungstipps bekommen, gerade was die Beikost mit Gastroschisis betrifft. Mir hat das unheimlich geholfen, als wir von der Diagnose erfuhren war auf einmal alles trostlos und ich habe einige Wochen sogar verleugnet das ich schwanger war. Einfach aus Selbstschutz. Ich hab mich gefühlt wie eine Festplatte, die bis auf den letzten Byte verbraucht war. Mein Kopf war voll und ich war eigentlich nur am heulen. Diese Gruppe hat mir Kraft gegeben und einen Arschtritt wenn ich mich zu sehr im Selbstmitleid suhlte. Aber seien wir mal ganz ehrlich...Wenn man durch Zufall von dieser Diagnose erfährt, kein Arzt einen richtig aufklärt und man wie ein Experiment behandelt wird, niemand einem mal richtig zuhört...Dann darf man auch mal sich selbst bemitleiden. Wichtig ist, das man von selbst wieder den Arsch hochkriegt.

Da gab es aber noch eine andere Gruppe, die mir wirklich extrem viel bedeutet. 

Als unser Sohn dann geboren war und seinen Ileostoma bekam, fühlten wir uns mal wieder vom Schicksal verraten. Ich bin mir nicht mehr genau sicher, wie ich diese Gruppe gefunden habe, ich glaube jemand hatte mir diesen Tipp gegeben.

Ich wurde direkt angenommen und habe von meinem Sohn erzählt. Doch soviel Anteilnahme von diesen, für mich, fremden Menschen war überwältigend.

Ohne diese Gruppe hätte ich soviele Sachen niemals gewusst, ich wäre mit dem Stoma einfach nicht klar genommen. Doch die Menschen die dort in dieser Gruppe sind, sind voller Humor, Ruhe und Wissen, das springt einfach über. Man wurde dort wegen doofen Fragen nicht ausgelacht, im Gegenteil. Es tat so unglaublich gut, Leute zu "treffen" mit eben diesem Tabuthema. Und das ist leider einfach so. Stomas sind in unserer Gesellschaft ein Tabuthema. Genauso die Krankheiten die einen Stoma manchmal nötig machen. 
Ich würde am liebsten stundenlang Loblieder auf diese Gruppen singen, aber das würde hier jetzt den Rahmen sprengen. 

Wenn Sie betroffen sind, z.b als Elternteil mit einer Gastroschisis oder als Elternteil mit einem Stoma-Kind...Suchen Sie sich entsprechende Gruppen und quatschen Sie sich mal richtig aus. Es ist wie ein ganzer Steinbruch der einem da auf einmal von den Schultern abfällt... Versprochen !

Sonntag, 14. Juni 2015

Sonntagsstimmung

Da heute Sonntag ist und ich es heute mit meinen Kindern eher gemütlich angehen werde, gibt es auch heute Abend keinen ellenlangen Artikel. Ich werde wohl versuchen die nächsten Artikel etwas kürzer und knackiger zu gestalten. Und nochmal zum Ursprung, nämlich der Gastroschisis und unserer Erfahrung zurückkehren. 

Hier aber noch ein Bild meiner Tochter, beim letzten Spaziergang. Ich versuche sie soweit es geht in die Pflege mit dem Kleinen einzubinden. Wir haben zum Beispiel mal der Puppe von ihr eine Stoma-Versorgung angeklebt, sie sitzt immer neben mir mit ihrer Puppe und gibt ihr das Fläschen, macht mit mir und dem Kleinen & ihrer Puppe ein Bäuerchen. Also eine richtige Mama eben ;-)


Samstag, 13. Juni 2015

Mein Geburtstag...Ein neuer Schritt...

Heute hatte ich meinen Geburtstag und ich hatte einen wirklich super Tag.

Leo war natürlich auch an meiner Seite und ich muss sagen, ich hätte niemals gedacht wie sorgenfrei man sein kann, so ohne Stoma. Ich musste mir keine Gedanken machen ob die Platte unterläuft, ob der Filter im Beutel noch funktioniert oder ob es anfängt zu stinken. Ich musste auch keine speziellen Wickelräume suchen, ich konnte mal ganz befreit in normalen Toiletten wickeln. Ich glaube, man könnte mich für bescheuert halten. Freut die sich gerade über normale Wickelräume? Über volle Windeln? Ohja, wer einmal an einem vollen Stoma-Beutel geschnuppert hat, dem kommt normaler Stuhlgang wie ein duftendes Rosenbeet vor. Ernsthaft. Teilweise hatte ich überlegt Leonards Beutel ans Militär zu verkaufen, so unter dem Motto "Biochemische Waffe"

Ich hab heute einige super lieben Menschen kennen gelernt und hatte einen tollen Tag. 

Vor meiner Schwangerschaft mit Leonard war eine Magen-Darm-Grippe das schlimmste in meinem Universum. Doch seitdem ich Leonard habe und in der Stoma-Facebook-Gruppe bin (siehe unten "Mein besonderer Dank geht an...) habe ich mit eigenen Augen gelesen, wie scheiße ungerecht die Natur oder auch das Schicksal zuschlagen kann. Auch wenn das ekelhaft klingt, aber das hat mir geholfen. Es hat geholfen den Blickwinkel auch mal zu drehen und nicht andauernd zu verzweifeln. 

Ich möchte auf meinem Posting heute mal verstärkt auf die Ärzte einwirken, die sich während der Schwangerschaft um mich "gekümmert" haben. 

Es ist in so einem kleinen Bundesland wie hier schwierig einen guten Arzt zu finden, der Erfahrung mit einer doch seltenen Erkrankung hat. Man fühlt sich nicht gut medizinisch behandelt, im Gegenteil. Eigentlich ist man nur ein Experiment, mein Bauch war das wichtigste an meiner Schwangerschaft. Wie es mir persönlich ging, wenn sich fünf Ärzte um die Krankenliege drängten und die Gastroschisis bewunderten. Ich fühlte mich nicht anwesend, denn alle waren so fasziniert und freuten sich darüber, in ihrer meist kurzen Arztkarriere so eine Gastroschisis zu sehen. Mit einigen Darmverschlüssen und man machte manchmal auch ein Ratespiel daraus wieviel Darm nun ausgetreten war. Ob ich Fragen hatte, oder Sorgen, ob es mir gut ging oder schlecht - das interessierte keinen. Irgendwann habe ich mir mal einen Spaß gemacht und bei "neuen" Ärzten, z.b wenn ich wegen Schmerzen ins Krankenhaus fuhr, einfach nichts von der Gastroschisis erzählt. So hat man dann gesehen, das sie sich schon mal nicht den Mutterpass angeschaut hatten. Dort muss das ja vermerkt sein.

Dann wurde eine Kontroll-Ultraschalluntersuchung gemacht und entweder fanden einige Ärzte nichts oder sie stellten lustige Diagnosen. Von Myomen bis irgendwelcher doppelten Nabelschnüren war alles dabei. Und das hat mir die Augen geöffnet. Wir haben vielleicht eine super medizinische Grundversorgung und doch sind die Ärzte gerade mit seltenen Erkrankungen absolut überfordert.


Zwei Ärztinnen haben mich super behandelt, das muss ich einfach immer wieder betonen. Die eine Ärztin war Frauenärztin in der Klinik, in der ich entbunden habe. Und die andere war mein persönlicher Engel, die Kinderchirurgin. Wenn sie den Raum betrat spürte ich direkt eine innere Ruhe, ich fühlte wieder, das auch ich als Mutter betroffen war. Mein Kind würde den Löwenkampf führen, wir als Eltern aber stärken seinen Rücken, geben ihm Liebe und die Kraft die er für die Kämpfe braucht. Das alles hab ich nie gehabt.

Ich bin in der Schwangerschaft oft an Stümper und an expementierfreudige Ärzte geraten, das war auch als Leonard geboren war nicht anders. 
Irgendwann hat man aber ein gewisses Gespür und Hintergrundwissen und kann dem ganzen getrost strotzen! 

Freitag, 12. Juni 2015

Löwenherz!

Gestern waren wir bei der OP-Nachkontrolle und wir sahen zum ersten Mal die Narbe die vom Stoma zurück bleibt. 

Ich bin ganz ehrlich, ich bin schon sehr verunsichert ohne Stoma. Der Stoma konnte mir immer zeigen wenn was nicht stimmte. War der Stuhl farblos - es stimmt was nicht. War kein Stuhl vorhanden - es stimmt was nicht. Es gibt so viele Anzeichen die man alleine am Stoma ausmachen kann, wenn etwas nicht stimmt. Normale Kinder haben auch nicht jeden Tag Stuhlgang, also wie soll ich damit umgehen wenn das bei uns auch passiert? Normal klingeln immer meine Alarmglocken wenn nichts in der Windel ist. Diese Notfallsituation hatten wir schon mal, sie hat mich nicht nur geprägt sondern auch geschädigt. Ich träume jede Nacht von diesem Notfall, jedes Mal mit Tränen im Gesicht. Dann schaue ich in das Babybettchen und stelle erleichtert fest das es wieder nur ein Traum war.

Ich kann mich noch sehr gut dran erinnern... Wir wollten uns gerade fertig machen und einkaufen fahren, als mein Partner den Kleinen wickelte. Er rief mich besorgt ins Kinderzimmer und zeigte auf den Bauch. Der Bauch hatte sich innerhalb zwei Stunden massiv verändert. Schwarze Venenzeichnung und aufgequollen wie der Bauch einer Schwangeren. Der Kleine rührte sich nicht, wirkte schon fast ohnmächtig. Eventuell war das vor dem Wickeln schon so, da er aber gerade 1,5 Monate alt war, hielten wir es für das typische Schlafverhalten eines Neugeborenen. Wir entschieden schnell "mal eben kurz" in die Klinik zu fahren, wir gingen von Blähungen aus. In der Klinik legten sie sofort Infusionen und verlegten uns in die Kinderklinik...Und dann passierte erstmal nichts. Ich saß dort und heulte mir die Augen aus, ich war so müde von diesen ständigen Klinikaufenthalten, dieser Hoffnung wenn man ihn mit nach Hause nahm, das endlich wieder alles gut war. Und dann die Enttäuschung, das es ihm eigentlich nicht gut ging. Gegen 15 Uhr fing er an Stuhl zu brechen. Erst wenig, dann viel. Er pupste auch durch den Mund. Aber er regte sich kaum noch. Wir klingelten besorgt nach den Schwestern, die uns nur belächelten. So wie ich gerade darüber schreibe werde ich schon wieder sauer. Diese Mitarbeiter haben die Situation total verkannt und das werde ich denen NIE verzeihen!! Als er nur noch im Schwall erbrach, durch die Nase und den Mund stellte man die Infusionen einfach hoch und schickte uns dann um 19 Uhr (!!) eine Assistenzärztin die uns beleidigte. Als hysterische und überdramatische Eltern. Das sei normaler Reflux. Sie wissen gar nicht, wie ich ausgeflippt bin. Dort liegt ein 2kg Baby, mit 1,5 Monaten, einer Körpertemperatur von 35 Grad und kotzt Stuhlgang. Was zum Geier sollen diese Beleidigungen!? Wieso unternahm man nichts? Am nächsten Morgen (!!!!!) ließ man sich überreden den Kleinen mittels einer Röntgenuntersuchung zu checken. Oh Wunder, ein Darmverschluss. Nachmittags um 15 Uhr (!!!) kamen dann auch mal die Oberärzte und quasselten Dummzeug. Der Chefarzt entschied dann als erster richtig und ließ ihn auf die Intensivstation verlegen. Ich bin innerlich verzweifelt...Also doch eine Notsituation. 

Spätabends kam unsere Kinderchirurgin außerdienstlich auf die Station und untersuchte ihn. Es war schnell klar das er operiert werden musste, auch wenn man das vermeiden wollte.
Jede Manipulation im Bauchraum bringt Briden (Verwachsungen) und genau diese Briden können widerrum Verschlüsse auslösen. So wie bei unserem Sohn in dem Fall.
Ich ging einfach in die Knie, ich war einfach nicht mehr stark genug. Ich saß dort auf der Treppe mit dem Telefon in der Hand und weinte einfach nur. Was zur Hölle ist daran gerecht wenn ein so kleiner Wurm durch die größte Scheiße geschickt wird und ich als Mutter nichts unternehmen kann?

Man versuchte die OP als letztmögliche Option zu nutzen, aber es wurde schnell klar, das der Darmverschluss sich nicht von alleine lösen würde. So wurde er dann am 21.01.15 operiert. 

Mir stand nun der härteste Gang meines Lebens bevor. Meine rechte Hand umschloss die kleinen Finger meines Sohnes, der sich kaum rührte. Wie ohnmächtig ging ich neben seinem Bettchen her, bis zu der roten Linie, wo die Patienten in die Operationsräume geschoben wurden. Alle schauten mich mitleidig an, doch das half mir nicht. Ich konnte keine einzelne Träne halten, ich heulte das ganze Bettchen nass als ich mich von ihm verabschiedete. 
Mein Sohn hat eine Spieluhr, einen kleinen Esel. Den habe ich in der Schwangerschaft immer auf den Bauch gelegt. Ich zog ihm die Spieluhr auf und hörte die Melodie bis sich die Türen schlossen, als sie ihn wegfuhren. Das war der Moment wo meine Knie wieder versagten. Mein Partner stützte mich, aber auch er weinte. Arm in Arm, uns gegenseitig stützend verließen wir das Gebäude und setzten uns einfach raus. Wir wollten stark sein und gute Eltern. Kämpferische Eltern, die wie ein Fels in der Brandung alles überstehen. Wir wurden irgendwann in die Warteräume der Operationsstation gesetzt und gingen den Flur hoch und runter wie die Tiger in Käfigen. Um halb 7 abends kam der erlösende Anruf, es war alles gut gegangen. 

Sie nahmen den kompletten Darm raus, leerten ihn, säuberten ihn und legten ihn neu ein. Sie bauten ihm eine Santulli-Fistel (im anderen Posting erklärt). Als wir ihn auf der Intensivstation besuchten rutschte mein verdammtes Herz in die Hose. Er wurde beatmet und lag im künstlichen Schlaf. Er bekam Fentanyl um keine Schmerzen zu haben. Und am nächsten Tag passierte dann folgendes...

Sein Puls rutschte auf 100, auf 90, auf 70, auf 60, auf 50. AF/Atemfrequenz 0 .. Ich schaute total ungläubig auf den Monitor. Und dieses Kind holte keine Luft. Sein Brustkorb ging weder hoch noch runter. Ich glaub, ich hab total schlimm ausgesehen. Und dann brach bei mir Panik aus, alle Geräte klingelten und das einzige was ich dachte..."Dein Kind stirbt vor deinen Augen, verdammt" Die Schwestern, die tagtäglich diese Situationen erlebten, stimulierten ihn ein wenig mit leichten Massagen auf dem Brustkorb. Dann erholte er sich. Um dann zwanzig Minuten später wieder abzufallen. Das war dann der Moment wo ich wieder anfing zu rauchen. Ich saß zitternd vor dem Klinikeingang...Ich bin später noch alleine mit dem Zug nach Hause gefahren, ich weiß bis jetzt noch nicht wie ich das geschafft habe. 

Nachts um 1 Uhr rief man mich an und sagte, das er sich total stabilisiert hat und nicht mehr beatmet wird. 

Diese Zeit wird mich nie wieder loslassen, ich glaube ich werde lang daran arbeiten müssen.
Natürlich gibt es Eltern die erleben viel schlimmere Sachen mit ihren Kindern, aber mal ehrlich..Das reicht mir schon, was wir durchgemacht haben. Seitdem ist sein Spitzname 

Löwenherz 

Donnerstag, 11. Juni 2015

Und nun?

Da ich die ganze Zeit bisher über die Vergangenheit geschrieben habe, kann ich jetzt ja auch mal über unser derzeitiges Leben berichten. Mein Sohn liegt gerade schlafend neben mir, gerade eben hat er sich noch über eine große Flasche Spezialnahrung hergemacht. Er verträgt keine normale Babymilch und bis geklärt ist ob er eventuell eine Kuhmilchallergie oder eine Laktoseintoleranz hat, bekommt er laktosereduzierte und zum Teil schon aufgespaltene Nahrung.
In seinen ersten Lebenswochen hatte er manchmal Astronautennahrung im Krankenhaus über die Magensonde bekommen. Die Nahrung ist schon komplett gespalten und so muss der Darm dort nichts mehr unternehmen, der Magen nimmt die Nahrung direkt so auf, wie sie reingekommen ist.
Nun denn...

Wir sind jetzt seit letzem Sonntag wieder zu Hause, am 03.06 war die Stoma-Rückverlegung. Der Kleine hatte bei seiner Not-Op am 21.01 eine Santulli-Fistel-Anlage bekommen. Ich hab das mal aufgemalt....



Die Erklärung...Durch das Anbringen des Dickdarms an den Dünndarm ( der ja weiter oben zur Bauchdecke führt) rutscht immer mal wieder Stuhlgang durch den Dickdarm nach draußen in die Windel. Das soll den Dickdarm reifen lassen und ihm die Möglichkeit geben zu arbeiten.
Es ist etwas umständlich von mir erklärt, deswegen hoffe ich, das meine Kritzelei oben alles erklärt. Wenn nicht bin ich immer wieder gerne bereit per Email Fragen zu beantworten.

So, nun wieder zurück zum ursprünglichen Thema.

Das letzte halbe Jahr war eine Achterbahnfahrt, Ich bin froh das mein Sohn keinen Herzfehler oder sonstige Erkrankungen hat, sondern "nur" die Grunderkrankung Gastroschisis.


Aber manchmal fühle ich mich schlecht, wenn ich mich darüber beklage, dass das letzte halbe Jahr viel Kraft gekostet hat. Mein Mann und ich stehen sozusagen alleine da, mein Sohn hat nur ein Großelternpaar, die Großeltern von meinem Sohn meinerseits hält sich aus allem fein raus. Schlimmer noch, es fließt böses Blut. Es gab weder einen Genesungs- noch ein Glückwunsch seitens meiner Eltern, für sie existieren meine Kinder nicht. Traurig, grade wenn es ein schwer krankes Kind in der Familie gibt, was viel Liebe und Wärme braucht. Auch von Großeltern. Nun ja, so waren sie ja schon immer.

Ich schweife ab..

Aber das alles ist wirklich kein Zuckerschlecken, jeden Tag mehr als 100km in die Klinik fahren, einer fast 3 jährigen zu erklären wieso Mama und Papa so viel weg sind ist unmöglich gewesen. Sie mitzunehmen aber auch. Geschwisterkinder sind auf der Intensivstation nicht erwünscht. Infektionsgefahr - verständlich. Aber das machte es nicht einfacher für uns, jeden Morgen so früh wie möglich loszufahren, alle abgepumpten Muttermilchflässchen in Kühlboxen zu verstauen und das schreiende und um sich schlagende Töchterchen bei der Oma abzusetzen. Es hat mir jedes Mal mein Herz gebrochen. Und wenn man dann auf der Intensivstation ankam, sich seinen Mundschutz aufsetzte, den Gestank des Desinfektionsmittels in der Nase hatte, dann musste man eben umschalten. Ich war dann zwar immer noch Mutter, aber es war eher medizinisch. Ich schaute nach seiner Sonde, ich hielt ihn im Arm, mit dem ZVK und dem Venenzugang für die Bluttransfusion. Mein Sohn hatte oft eine Blutarmut - normal bei Frühchen, sogar termingerechte Kinder können eine Blutarmut entwickeln, oft sogar. Normal gibt man dann Eisentropfen und das wars. Da unser Sohn aber zu Darmverschlüssen neigt und Eisen Verstopfungen auslösen kann, brauchte er immer Blut.


Er sah danach aus wie ein kleine gekochter Hummer, doch das war besser als dieses grau-bläuliche Baby im Wärmebett. Ich schweife immer wieder ab, doch ich hab viel zu erzählen. Vielleicht liest niemand diesen Blog, aber das ist mir nicht wichtig. Wichtiger ist es, das ich überhaupt mal anfange zu verarbeiten.

Mittwoch, 10. Juni 2015

Die ersten Wochen mit dem Ileostoma

Ich muss gestehen, ich war am Anfang mit dem Stoma total überfordert. Es sah aus, als hätte man unserem Sohn eine kleine rote Weintraube auf den Bauch genäht. Es sah nicht schlimm aus, auf keinen Fall. Aber es war gewöhnungsbedürftig. Ich saß die ersten Tage noch viel im Rollstuhl, ich konnte zwar schon wieder ein bisschen laufen, aber mein Kreislauf hat einfach immer wieder schlapp gemacht. Über ein halbes Jahr lief ich mit einer Erkältung rum und dann noch der Milcheinschuss...Das war einfach ein bisschen viel.

Unser Sohn wurde dann nach genau 24 Stunden aus dem Intensiv-Beobachtungszimmer in ein anderes Intensivzimmer gelegt. Er hatte noch immer ein wenig Stuhl-Rücklauf aus der Magensonde, aber ansonsten ging es ihm gut. Der Stoma förderte unablässig und die Narbe von dem Bauchwandverschluss sah gut aus. Unsere Chirurgin bastelte ihm sogar einen kleinen Bauchnabel, denn der geht eigentlich fast immer verloren. Irgendwie war ich als Mutter mit diesem ganzen Input an Informationen total überfordert.


Als mein Sohn noch in meinem Bauch war, hatte man auf den Ultraschallbildern natürlich gesehen, wie das ungefähr aussieht. Aber seien wir doch mal ehrlich, das ist absolut realitätsfern. Man sieht dort irgendwelche schwarz-weißen Umrisse, doch wirklich bildlich vorstellen kann man sich das nicht. Da helfen auch keine Google-Bilder. Auch auf unseren 3D-Bildern sieht das ganze, sagen wir mal, gewöhnungsbedürftig aus.


Nun lag dieses kleine Wesen an den vielen Kabeln und schaute mich aus großen, dunklen Augen an und eroberte unsere Herzen. Doch die Situation machte mir einfach Angst. Würden wir mit einem Stoma klar kommen? Würden wir das irgendwann als unseren Alltag ansehen? Wird unsere Beziehung als Partner diese Hürde ohne Blessuren überstehen?


Der Nahrungsaufbau begann genau 36 Stunden nach der Geburt, ab dem Zeitpunkt an dem ich meinen Milcheinschuss hatte. Sie hatten ihm vorher schon versucht PRE-Nahrung zu geben , doch das endete in Koliken. Wir wussten damals noch nichts von der Vermutung der Laktoseintoleranz.


Er vertrug die Muttermilch gut, nahm aber keinen Gramm zu. Es ist nach der Geburt normal das die Kinder ein kleinen Teil des Geburtsgewicht verlieren, es ist aber wichtig, das sie dann auch wieder rasch zu nehmen. Am 8ten Tag nach der Geburt, den 23.12 wurden wir entlassen mit einem Gewicht von 2070g. Sie können sich gar nicht vorstellen wie schön es war, entgegen aller Erwartungen mit dem Kleinen Weihnachten feiern zu können. Ich schmückte den Weihnachtsbaum, ohne zu wissen, das wir kurze Zeit später wieder in der Notaufnahme sitzen würden. Am 26.12 fiel mir auf, das unser Sohn anfing zu brechen, immer und immer wieder, aber keinen normalen Reflux. Der Inhalt des Stoma-Beutels war entfärbt und das besorgte uns sehr.



Das halbe Jahr bis zur Geburt & die Geburt

In der Zeit bis zum Kaiserschnitt haben wir angefangen uns intensiv mit dem Thema Gastroschisis zu befassen. Möglicherweise haben wir auch viel zu viel gelesen und Dinge gesehen, die wir eventuell besser nicht gelesen oder gesehen hätten. Aber unsere Neugierde war einfach zu groß. Mein Partner konnte sich die Bilder, die man bei der Google Bilder Suche findet ohne Probleme angucken. Ich musste mich erstmal übergeben. Das liegt aber nicht daran, das es so furchtbar schrecklich aussieht, sondern weil ich zu dem Zeitpunkt viel zu zart besaitet war. Deswegen war ich auch sehr froh das wir unseren Sohn bei der Geburt nur abgedeckt betrachtet haben. Diese eine Sekunde, in dem ich ihn das erste Mal sah, war als würde ein Stromschlag durch den Raum gehen. All die Angst, die Zweifel, die Wut auf diese Krankheit...Alles war weg. Da war nur noch Liebe, sehr tiefe Liebe. Ich will nicht sagen, das ich mich nicht auf unseren Sohn gefreut hätte, aber diese Freude stand einfach nicht im Vordergrund.

Wir waren nicht diese Eltern, die glücklich zu irgendwelchen Geburtsvorbereitungskursen gingen. Wir mussten auf nichts vorbereitet werden, wir wussten, an Tag X wird er auf die Welt geholt. Mehr brauchten wir zu dem Thema nicht wissen.


Wir saßen nicht hypernervös im Wohnzimmer, nachts um 2 Uhr und zählten die Abstände der Wehen und wir wurden auch ganz sicher nicht von einer geplatzten Fruchtblase im Supermarkt an der Fleischtheke überrascht. Nein, wir wussten, wann, wie und wieso.


Ich bestand wenigstens darauf das Kinderzimmer vorzubereiten, obwohl mir von meinem Umfeld immer wieder ins Gedächtnis gerufen wurde, dass das Kind ja auch noch sterben kann und ich das lieber lassen soll. Wissen Sie, es gibt nichts schlimmeres, als ein krankes Kind auszutragen und die ganze Zeit vorgesetzt zu bekommen das es gewisse Risiken gibt. Selbst wenn ich mich wie eine normale Schwangere verhalten wollte, niemand hat mich gelassen. Gesprächsthema Nr. 1 war einfach das kranke Kind, mögliche Risiken und wie man dann damit umgeht. Deswegen war ich so froh das ich kurz vor Ende der Schwangerschaft auf die Facebookgruppe gestoßen bin. Wochenlang hab ich mir die Finger wund gesucht und nun gab es endlich eine Gruppe mit betroffenen Eltern und inzwischen Erwachsenen mit einer Gastroschisis. Es tat unglaublich gut, mal ein Stoppschild vorgesetzt zu bekommen und zu hören "Ja du hast Angst, ja wir können das verstehen, aber in seltenen Fällen wird es wirklich so heftig das man jahrelang im Krankenhaus sitzt." Klar kann das passieren, wie schon zu Anfang erwähnt - eine Gastroschisis ist so individuell wie jedes Kind. Das eine Kind geht mit 3 Wochen nach Hause, das nächste erst mit einem halben Jahr.


Der Nahrungsaufbau kann alleine schon Wochen dauern. Die Gastroschisis ist im Regelfall schnell beseitigt. Entweder kann das Kind direkt nach der Geburt operiert werden (so wie unser Sohn) oder der Darm wird in einen sterilen Plastiksack (Silo) gelegt, so wird dem Darm die Möglichkeit gegeben selbst und ganz natürlich in den Bauch zu rutschen. Unsere Chirurgin fand diese Art und Weise - also die Methode mit dem Silo- am "schönsten" Aber bei unserem Kleinen ging das nicht.


Er hatte mehrere Darmverschlüsse als er auf die Welt kam, musste direkt intubiert und unter Narkose gesetzt werden. Sein Dickdarm war die meiste Zeit der Schwangerschaft nicht gut genug versorgt und deswegen auch sehr zurückgebildet. Ungefähr die Breite eines halben kleinen Fingers. Während der Dünndarm gut genug ausgebildet war.


Unsere Komplikation hieß dann der Dünndarmstoma. Der Bauch war zwar zu, aber der künstliche Darmausgang blieb. Wissen Sie, wie man sich als Mutter fühlt? Man kommt gerade aus dem Aufwachraum und verschläft die meiste Zeit des Wartens. Immer fragt man, wann kommt das Kind aus dem OP aber keiner kann einem die Antwort geben. Nach 5 Stunden kommt die Chirurgin und erklärt einem, das er ohne Stoma erstmal nicht leben kann. Und in diesem Moment schießen einem hundert Fragen durch den Kopf.


Sie mussten nicht viel Darm entfernen, nur zwischen 7-20cm , eine genaue Angabe ist mir irgendwie entfallen. Sie haben Bauchspeicheldrüsengewebe entfernen müssen, aber ansonsten ging es ihm gut. An seinem ersten Lebenstag konnte ich ihn nicht auf den Arm nehmen oder anschauen. Ich war zwar auf der Intensivstation, aber man hatte ihn mit dem Gesicht von mir weg gelegt (nicht aus Absicht!) und so fuhr ich unverrichteter Dinge wieder in mein Zimmer.


Am zweiten Tag war er schon wach und extubiert, er wollte alleine atmen und dann durfte ich ihn das erste Mal tragen. Was ist das für ein Gefühl? Schwer zu beschreiben. Es ist was ganz besonderes, ein Moment den man mit Angst und Sehnsucht erwartet. Die Angst ihm möglicherweise weh zu tun und die Sehnsucht diesen Babygeruch zu riechen. Etwas, was bei einer normalen Geburt absolut ... ja... normal ist, wurde auf der Intensivstation zwischen piependen Geräten und dem Geräusch von Beatmungsmaschinen zu einem Wunder. Ich weiß es jetzt noch, seine dunklen Haare waren noch ein bisschen verschmiert mit Käseschmiere und kräuselten sich ganz leicht. Er hatte noch ein leicht gelblich-bräunliche Hautfarbe und dieser Körperflaum der ja zwei-drei Wochen vor der Geburt im Mutterleib abfällt bedeckte ihn vollständig. Er hatte große dunkle Augen, einen kleinen zarten Mund und eine ganz kleine Stupsnase. Das größte an diesem Kind waren definitiv die Füße. Haben Sie "Der Hobbit" geguckt und mal die Füße gesehen? So sah das bei unserem Sohn auch aus. Definitiv vom Vater geerbt ;-)





Dienstag, 9. Juni 2015

Die Diagnose "Gastroschisis"

 Hallo, eins muss ich direkt sagen... Jede Gastroschisis ist anders, sowie jedes Kind anders ist. Also entspricht alles was ich hier schreibe, nur unserem Krankheitsverlauf und hat nichts mit anderen Gastroschisis-Fällen zu tun. Ich habe weder medizinisches Fachwissen noch kann ich irgendwelche ärztlichen Ratschläge ersetzen! 


Wir erfuhren durch Zufall von dem offenem Bauch unseres Kindes. Ich weiß es noch ganz genau, es war ein heißer Augusttag, meine Tochter war zickig und hatte keine Lust beim Arzt ruhig auf dem Stuhl zu sitzen. Der Arzt war eigentlich schon ziemlich genervt von uns. Er ist eher die Generation "Die Natur regelt alles". Umso ernüchternder fiel sein Gesamturteil aus, als er entdeckte das die Bauchwand meines Kindes nicht geschlossen war und Darm ausgetreten war. "Wissen Sie, das ist wie ein Leistenbruch, da muss man sich keine Sorgen drum machen. Wir brauchen jetzt auch gar nicht häufiger da drauf schauen. Entweder er packt es, oder er packt es nicht." Wissen Sie, es ist eigentlich unvorstellbar, wie es einem geht wenn man hört, dass das eigene Kind krank ist. Es ist wie als würde man dir einen Spaten ins Gesicht schlagen und dir in den Magen treten. Anders kann man es nicht beschreiben. Während mein dramatisches Temperament mich vollends im Griff hatte, blieb mein Partner bleich und ruhig. Lediglich unsere Tochter wusste nicht, was Sache ist. 

Am Ende bekamen wir einen unpersönlichen Händedruck und eine Überweisung auf denen unpersönliche und unklare Worte standen. 

Wir sind wie versteinert ans Auto gelaufen und zum nächsten Supermarkt gefahren. Der Schock saß ziemlich tief bei uns. Im Internet findet man kaum Informationen, außer einer Website, die es schon seit Anfang 2000 gibt und seit fast 8 Jahren nicht mehr aktualisiert wurde. Doch die Behandlungsmethoden haben sich ziemlich verändert und auch die Überlebenschance ist eine andere als damals. 


Ich trage mal ein paar generelle Fakten über die Gastroschisis zusammen.



  • Die Erkrankung Gastroschisis wird mit einer grünen Schleife bezeichnet
  • Es gibt die Gastroschisis und die Omphalozele, die Gastroschisis hat keinen Bruchsack um die ausgetretenen Organe und so ist es oft so, das die Organe bei der Gastroschisis mehr geschädigt sind als bei einer Omphalozele. Dafür kann bei einer Omphalozele häufiger Trisonomie 21 auftreten. Die Gastroschisis ist ein meist isolierter Chromosomendefekt.
  • Bis heute ist nicht eindeutig erklärt wie es zu diesen Bauchwanddefekten kommt. 
  • Die Zahl der Häufigkeit dieser Erkrankung schwankt je nach Ballungsgebiet, hier bei uns war es zwischen 1:44000 und 1:56000. 
  • Bei einer Gastroschisis wird eigentlich immer ein Kaiserschnitt gemacht, seltenst kommt eine spontan Geburt in Betracht.
  • Eine vorläufige Studie zeigt, das Gastroschisis-Kinder ein deutliches leichter sind als normale Kinder und ein wenig kleiner. 
  • Gastroschisis-Kinder kommen meist als Frühchen zur Welt. (Bei uns hat man 2 Wochen länger gewartet, sonst wäre der Kleine schon in der 31 Woche geboren.)