Donnerstag, 11. Juni 2015

Und nun?

Da ich die ganze Zeit bisher über die Vergangenheit geschrieben habe, kann ich jetzt ja auch mal über unser derzeitiges Leben berichten. Mein Sohn liegt gerade schlafend neben mir, gerade eben hat er sich noch über eine große Flasche Spezialnahrung hergemacht. Er verträgt keine normale Babymilch und bis geklärt ist ob er eventuell eine Kuhmilchallergie oder eine Laktoseintoleranz hat, bekommt er laktosereduzierte und zum Teil schon aufgespaltene Nahrung.
In seinen ersten Lebenswochen hatte er manchmal Astronautennahrung im Krankenhaus über die Magensonde bekommen. Die Nahrung ist schon komplett gespalten und so muss der Darm dort nichts mehr unternehmen, der Magen nimmt die Nahrung direkt so auf, wie sie reingekommen ist.
Nun denn...

Wir sind jetzt seit letzem Sonntag wieder zu Hause, am 03.06 war die Stoma-Rückverlegung. Der Kleine hatte bei seiner Not-Op am 21.01 eine Santulli-Fistel-Anlage bekommen. Ich hab das mal aufgemalt....



Die Erklärung...Durch das Anbringen des Dickdarms an den Dünndarm ( der ja weiter oben zur Bauchdecke führt) rutscht immer mal wieder Stuhlgang durch den Dickdarm nach draußen in die Windel. Das soll den Dickdarm reifen lassen und ihm die Möglichkeit geben zu arbeiten.
Es ist etwas umständlich von mir erklärt, deswegen hoffe ich, das meine Kritzelei oben alles erklärt. Wenn nicht bin ich immer wieder gerne bereit per Email Fragen zu beantworten.

So, nun wieder zurück zum ursprünglichen Thema.

Das letzte halbe Jahr war eine Achterbahnfahrt, Ich bin froh das mein Sohn keinen Herzfehler oder sonstige Erkrankungen hat, sondern "nur" die Grunderkrankung Gastroschisis.


Aber manchmal fühle ich mich schlecht, wenn ich mich darüber beklage, dass das letzte halbe Jahr viel Kraft gekostet hat. Mein Mann und ich stehen sozusagen alleine da, mein Sohn hat nur ein Großelternpaar, die Großeltern von meinem Sohn meinerseits hält sich aus allem fein raus. Schlimmer noch, es fließt böses Blut. Es gab weder einen Genesungs- noch ein Glückwunsch seitens meiner Eltern, für sie existieren meine Kinder nicht. Traurig, grade wenn es ein schwer krankes Kind in der Familie gibt, was viel Liebe und Wärme braucht. Auch von Großeltern. Nun ja, so waren sie ja schon immer.

Ich schweife ab..

Aber das alles ist wirklich kein Zuckerschlecken, jeden Tag mehr als 100km in die Klinik fahren, einer fast 3 jährigen zu erklären wieso Mama und Papa so viel weg sind ist unmöglich gewesen. Sie mitzunehmen aber auch. Geschwisterkinder sind auf der Intensivstation nicht erwünscht. Infektionsgefahr - verständlich. Aber das machte es nicht einfacher für uns, jeden Morgen so früh wie möglich loszufahren, alle abgepumpten Muttermilchflässchen in Kühlboxen zu verstauen und das schreiende und um sich schlagende Töchterchen bei der Oma abzusetzen. Es hat mir jedes Mal mein Herz gebrochen. Und wenn man dann auf der Intensivstation ankam, sich seinen Mundschutz aufsetzte, den Gestank des Desinfektionsmittels in der Nase hatte, dann musste man eben umschalten. Ich war dann zwar immer noch Mutter, aber es war eher medizinisch. Ich schaute nach seiner Sonde, ich hielt ihn im Arm, mit dem ZVK und dem Venenzugang für die Bluttransfusion. Mein Sohn hatte oft eine Blutarmut - normal bei Frühchen, sogar termingerechte Kinder können eine Blutarmut entwickeln, oft sogar. Normal gibt man dann Eisentropfen und das wars. Da unser Sohn aber zu Darmverschlüssen neigt und Eisen Verstopfungen auslösen kann, brauchte er immer Blut.


Er sah danach aus wie ein kleine gekochter Hummer, doch das war besser als dieses grau-bläuliche Baby im Wärmebett. Ich schweife immer wieder ab, doch ich hab viel zu erzählen. Vielleicht liest niemand diesen Blog, aber das ist mir nicht wichtig. Wichtiger ist es, das ich überhaupt mal anfange zu verarbeiten.

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